05.11.2015
Anstoß 45/2015
Löscht den Geist nicht aus
Es war ein Fest aller Generationen. Sechzig Jahre Winfriedhaus wurde in Schmiedeberg im Frühjahr 2015 mit einigen hundert Gästen gefeiert.
Dabei sind in der Zielgruppe des Jugendhauses heute schon die Enkel und Urenkel derjenigen, die das Haus seit den 50er Jahren mit Leben erfüllt haben. Es sind viele, die hier tiefe geistliche Erfahrungen machen konnten, diskutierten, sich verliebten (oder die gerade dabei sind). Auch die in fast 40 langen Jahren eine große Freiheit in der geschlossenen DDR erlebten.
Ein Großteil derjenigen, die heute in der Kirche Ostdeutschlands aktiv sind, haben ein Stück ihrer Prägung in Jugendhäusern erfahren. Jedes Bistum hat so einen Ort: Alt-Buchhorst bei Berlin, das „Seb“ in Erfurt, das Marcel-Callo-Haus in Heiligenstadt, Neuhausen, Roßbach. Solche Orte sind weit mehr, als die Summe der Baumaßnahmen und Grundstücksgrößen über die sie verfügen. Sie sind Geschichte und Gegenwart und verdienen Zukunft.
Warum das jetzt alles fast wie ein Abgesang klingt? In einer kurzen Pressemitteilung schreibt das Bistum Dresden–Meißen, dass das Haus 2017 aus Brandschutzgründen geschlossen werden soll. Eine Gruppe soll überlegen, ob und wie eine Sanierung möglich ist.
Ehrlich, ich halte es für anstößig überhaupt nur zu überlegen, ob man hier schließen soll. Jugendhäuser wie Schmiedeberg sind Orte, die nicht nur mit der ökonomischen Brille betrachten werden können. Das, für das sie seit Jahrzehnten stehen, ist unbezahlbar. Verheerend ist, dass jeder Kreis jede Kommune seine eigene Brandschutzordnung hat. Bei jedem Wechsel der Kommunalstruktur kommen neue Brandschutzauflagen, und der Laie wundert sich bei ihrer Begründung, dass es bisher ohne größere Katastrophen funktionierte. Die DDR-Funktionäre haben es nicht geschafft, das mit Schlitzohrigkeit und Mut aufgebaute Jugendhaus zuzubekommen – es wäre eine Ironie der Geschichte, wenn jetzt Brandschutzbeauftragte reichen, es stillzulegen.
Das Winfriedhaus ist ein Ort, in dem ein Feuer brennt und am Brennen gehalten werden muss, ein Ort, der kein Löschwasser braucht, sondern mit vielem und für viele für das Wasser des Lebens steht. Es ist ein Ort wie ein Baum, der seit 60 Jahren in den Himmel wächst und unter dessen Krone sich jetzt schon Generationen tummeln, ein heiliger Ort, dem zu wünschen ist, dass er weiter seinen Schatten spendet und dem Himmel ein Zuhause gibt.
Guido Erbrich, Biederitz