20.04.2023
Frühjahrsvollversammlung des Diözesanrats im Bistum Görlitz
Finanzhilfe weiter notwendig
![]() |
Hartmut Schirmer, der Vorsitzende des Diözesanrates, begrüßte Ordinariatsrätin Regina Pätzold, die Ökonomin des Bistums. Foto: Holger Jakobi |
Die kommenden Jahre werden für die finanzielle Situation kleiner Bistümer eine Herausforderung sein, betonte Ordinariatsrätin Regina Pätzold bei der diesjährigen Frühjahrskonferenz des Diözesanrats im Sankt Wenzeslausstift in Jauernick. Pätzold leitet die Finanzabteilung und ist die Ökonomin der Diözese Görlitz. Ein großes Problem, so Pätzold, sind die zu erwartenden finanziellen Ausfälle, die mit dem Wegfall beziehungsweise der Reduzierung des Strukturbeitrags durch die westlichen Erzbistümer und Diözesen eintreten. Bis 2025 erhalten die Görlitzer einen Strukturbeitrag in Höhe von 4,46 Millionen Euro.
Görlitz und Magdeburg brauchen weiter Hilfen
Regina Pätzold nannte konkrete Zahlen: „Hat unser Bistum derzeit 11,64 Millionen Euro an Einnahmen, so werden es 2025 12,48 Millionen sein und 2026 – ohne Strukturbeitrag - nur noch 8,12 Millionen.“ Die Ausgaben betragen 2026 12,84 Millionen Euro, das bedeutet ein Defizit von 4,72 Millionen, die dann fehlen. 2030 wird der Fehlbetrag nach derzeitiger Einschätzung auf 4,8 Millionen Euro ansteigen, die Ausgaben werden dann bei zirka 13,34 Millionen Euro liegen.
Regina Pätzold betonte, dass alle deutschen Bistümer sich einer negativen wirtschaftlichen Entwicklung gegenübersehen. „Sie waren und sind zu erheblichen Einschnitten in ihren pastoralen Angeboten gezwungen.“ Erschwerend kommen die Kirchenaustritte und die damit verbunden Ausfälle der Kirchensteuereinnahmen hinzu, erklärte die Ordinariatsrätin. Das Bistum Görlitz kann gegenwärtig nur mit 34 Prozent an seinen Einnahmen aus der Kirchensteuer rechnen.
Görlitz zählt neben Magdeburg zu den ärmsten Bistümern. Niemand weiß, wie es dort finanziell weitergeht. Regina Pätzold: „Voraussichtlich wird es künftig für die Bistümer Magdeburg und Görlitz eine Finanzhilfe in Form eines Strukturbeitrages geben.“ Wie hoch der sein wird, auch dies ist eine Unbekannte. „Beide Diözesen werden mittelfristig mit einer erheblichen Reduzierung der Finanzhilfen rechnen müssen“, so Pätzold. Sie machte deutlich, dass die katholische Kirche in diesen beiden Ost-Bistümern auf finanzielle Mittel und die Solidarität der anderen Bistümer angewiesen ist, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Schon heute biete das Bistum Görlitz nur eine pastorale Grundversorgung an, insofern seien die eigenen Einsparmöglichkeiten sehr beschränkt. Wie jede andere Gemeinschaft auch, hat die Kirche das Recht, Vermögen zu erwerben, zu besitzen, zu verwalten und eventuell auch zu veräußern. Bei all dem sei das Prinzip zu beachten: Das Vermögen und die Güter sind die Mittel der Kirche und nicht die Ziele.
Weitere Informationen zur Umsetzung der neuen „Grundordnung des kirchlichen Dienstes“ (GrO) im Bistum gab im Anschluss Ordinariatsrat Joachim Baensch. Er ist Kanzler des Ordinariates und leitet die Personalabteilung. Die GrO war im Herbst von der Deutschen Bischofskonferenz verabschiedet worden und wurde deutschlandweit zum 1. Januar gültiges Recht. Hauptanliegen der GrO bleibt die Identifikation der Mitarbeiter mit den Zielen und Werten der Kirche. Mitglied der katholischen Kirche müssen allerdings nur die Mitarbeiter sein, die in der Pastoral und der Verkündigung (Katechese) tätig sind oder das katholische Profil der Einrichtung inhaltlich prägen, mitverantworten und nach außen repräsentieren.
Zivilehe und Partnerschaft anerkannt
Die GrO stärkt unter anderem die Position von Homosexuellen. So ist die gleichgeschlechtliche Liebe kein Grund, Bewerber abzulehnen. Joachim Baensch betonte: „Vielfalt in katholischen Einrichtungen ist eine Bereicherung, dazu zählt auch die sexuelle Identität.“ Menschen, die in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft leben, so der Kanzler, können in den katholischen Einrichtungen tätig sein. Die Zivilehe und eine eingetragene Lebenspartnerschaft werden akzeptiert. „Dies steht weder einer Einstellung noch einer Weiterbeschäftigung im Weg.“ Dies gilt auch für alle, die sich in erster Ehe scheiden ließen und eine neue Zivilehe eingingen. Zudem ist eine aktuelle Scheidung kein Grund, den Job zu verlieren. „Scheidung ist Privatsache“, betonte Baensch. Den Kernbereich privater Lebensgestaltung sieht Joachim Baensch als Tabuzone, da sich die Anforderungen an die Mitarbeiter in erster Linie auf den Dienst beziehen. Außerdienstliches Verhalten sei arbeitsrechtlich nur bedeutsam, wenn es beispielsweise grundlegende Werte der katholischen Kirche verletzt und dadurch deren Glaubwürdigkeit beeinträchtigt werde.
„Alle Mitarbeiter können Repräsentanten der unbedingten Liebe Gottes und einer den Menschen dienenden Kirche sein“, betonte Joachim Baensch weiter. Herkunft, Religion, Alter, Behinderungen sind ebenso Ausdruck der gewünschten Vielfalt. Keine Einstellung sei möglich bei einem Austritt aus der katholischen Kirchen sowie bei kirchenfeindlichen Betätigungen. Was passiert bei einem Verstoß gegen die beruflichen Anforderungen? „Hier gibt es keinen Beendigungsautomatismus, jeder Fall wird einzeln geprüft“, sagte Baensch. Mit Beratung und Aufklärung soll dem Mitarbeiter geholfen werden, seine Aufgaben zu erfüllen. So durch ein klärendes Gespräch, eine eventuell nötige Abmahnung oder eine Versetzung. Die Beendigungskündigung bleibt die allerletzte Maßnahme.
Geregelt werden in der GrO auch das Mitarbeitervertretungsrecht, der gerichtliche Rechtsschutz, die Koalitionsfreiheit sowie die Gestaltung der Arbeitsbedingungen. Einigungen bei Konflikten, so Baensch, sollten durch Verhandlung mit einem wechselseitigen Nachgeben gefunden werden. Allerdings: „Ein Streik oder Aussperrungen widersprechen diesen Lösungen.“ Weiter gibt es die Möglichkeit, ein verbindliches Vermittlungsverfahren unter neutralem Vorsitz zu eröffnen. Mitarbeiter haben zudem immer das Recht, Mitarbeitervertretungen zu bilden. Der Diözesanrat ist die höchste Vertretung der Laien im Bistum. Die Pfarreien, Gemeinschaften und Verbände entsenden Mitglieder des Gremiums, daneben gibt es derzeit fünf Mitglieder, die als Persönlichkeiten vom Diözesanrat gewählt werden.
Von Holger Jakobi