06.08.2015
Anstoß 32/2015
Flow – im Fluss mühelos mitschwimmen
Kürzlich war ich mit Jugendlichen einer Gesangsgruppe unterwegs. Diese wollten bei einem öffentlichen Auftritt gut dastehen. Eigentlich war das, was von ihnen verlangt wurde, grenzwertig: endlos lange stehen und singen, immer wieder das gleiche üben, wenig Pausen haben, usw.
Dennoch schien den Jugendlichen zur Erreichung ihres Ziels keine Anstrengung zu viel und keine Strapaze zu heftig. Am meisten erstaunte mich die Stimmung: die Jugendlichen waren immer noch fröhlich, zu Scherzen aufgelegt und guter Dinge. Es schien, als spürten sie den Druck nicht und als seien sie auf einem anderen Stern angekommen, der alles leicht und beinahe mühelos macht.
Auch von mir selbst kenne ich solche Situationen: da fühlt man sich am richtigen Ort…. Man ist den Belastungen gewachsen und hat Freude an dem, was auf einen zukommt. Das, was man tut, erfüllt einen und lässt einen die Zeit vergessen. Selbst wenn man etwas Schwieriges zu tun hat, fühlt man, dass das jetzt das Richtige ist und man tut es, weil es einen erfüllt.
Umgekehrt hatte ich kürzlich ein Gespräch mit einer arbeitslosen Frau. Von ihr hörte ich, dass sie morgens so unmotiviert sei. Wozu aufstehen, niemand würde bemerken, dass sie immer noch im Bett liege, es sei niemand da, der auf sie warte. Letztlich gipfelte dann ihre Aussage im Satz: es ist ja alles so egal!
Solche Unterschiede hängen damit zusammen, wie man eine Situation wahrnimmt: kann ich in dem, was auf mich zukommt, einen Sinn entdecken, oder fühle ich mich deplatziert?
Ich würde mir wünschen, dass wir Christen lernen, solche „Flow-Situationen“ zu spüren und uns dementsprechend zu verhalten. Gott will, dass wir uns mit unserem Leben und unseren Aufgaben arrangieren und lernen, das Positive daran zu sehen und Sinn und sogar Freude daran zu haben.
Dabei denke ich an Marathon-Läufer. Sie verstehen unter einer Flow-Erfahrung (flow: fließen strömen, Gefühl des völligen Aufgehens in einer Tätigkeit), dass nach einer gewissen Zeit eine optimale Synchronisation von Herzschlag, Atmung und Blutdruck eintritt und es eine Harmonie zwischen Emotionen und Bewusstheit und Verstand gibt. Diese Harmonie führt dazu, dass erstaunliche Leistungen möglich sind.
Ich will nicht verschweigen, dass solche Flow-Erfahrungen meist erst nach großer Anstrengung und Mühen auftreten. Man muss also in der Regel schon einiges investieren. Dennoch kann es von Vorteil sein, sie zu suchen und sich darauf einzustellen, denn wenn man dann Glück hat, geht es beinahe mühelos.
Von Sr. Susanne Schneider, Missionarinnen Christi, Kontaktstelle Orientierung Leipzig