06.07.2012

Anstoss 27/2012

Wachstum und Fruchtbarkeit zulassen

Jetzt im Sommer – wenn die Ferien nahen – setze ich mich gern ins Freie.

Manchmal nehme ich mir vor, einfach die Natur auf mich wirken zu lassen und gar nichts zu denken und vor allen Dingen, keine Pläne zu machen! Ich muss zugeben: das fällt mir nicht immer ganz leicht.
Dazu inspiriert wurde ich durch eine Predigt, die Leistung von Fruchtbarkeit unterscheidet. Mit Leistung ist Anstrengung, Mühe, Arbeit und Verzicht gemeint und in vielen Bereichen unseres Lebens kommen wir darum nicht herum. Man möchte alles, soweit es möglich ist, beherrschen. Dazu ist es unumgänglich, dass man die Fäden fest in der Hand hält. Man zwingt sich harte Forderungen auf, um effizient zu sein, und nach einiger Zeit ist man durch den krankhaften Wettbewerb zermürbt. Man fühlt sich erschöpft, entleert und letztlich entwertet. Um das Selbstvertrauen zu stärken und den Selbstzweifeln zu begegnen, arbeitet man immer mehr, bis dann Krankheiten kommen: burn out, Herz, Kreislauf, Depressionen, usw.
Es gibt allerdings noch eine andere Art, etwas hervorzubringen: indem wir fruchtbar sind …
Wie das gehen kann, macht uns die Natur vor: Der Same wird „von allein“ zur Pflanze. Wenn wir über unsere persönlichen Erfahrungen nachsinnen, wird uns bald klar, dass die Grundwerte des Lebens wie Liebe, Freundschaft, Glück, Freude, sogar Gesundheit nicht machbar sind. Wer sie zu beherrschen versucht, der verkrampft und verhärtet sich. Fruchtbarkeit setzt Vertrauen, Hingabe und eine entspannte Offenheit voraus. Wir lassen los und lassen geschehen. Wir sind aufmerksam und engagiert und warten in Geduld.  
Jesus rät uns in der Bergpredigt, nicht ängstlich zu rechnen, sondern unser Vertrauen auf Gott zu setzen. Er sagt: Seht euch die Vögel des Himmels an: Sie säen nicht, sie ernten nicht und sammeln keine Vorräte in Scheunen; euer himmlischer Vater ernährt sie. Seid ihr nicht viel mehr wert als sie? Lernt von den Lilien, die auf dem Feld wachsen: Sie arbeiten nicht und spinnen nicht. Doch ich sage euch: Selbst Salomo war in all seiner Pracht nicht gekleidet wie eine von ihnen.
Auch in vielen anderen Stellen spricht die Bibel davon, dass das Wesentliche uns geschenkt ist. Immerfort werden Glaube, Hoffnung und Liebe geschenkt, doch allein offene Hände und Herzen können sie empfangen. In vielen Fällen sind diese „göttlichen Tugenden“ praktisch machtlos. Dennoch sind sie wirkmächtig. Sie sind es, die ein Leben schön und wertvoll machen, so wie die Natur im Sommer.
Sr. Susanne Schneider, Missionarinnen Christi, Kontaktstelle Orientierung Leipzig