16.11.2017
15 Jahre Katholische Theologie an der Universität Erfurt
Unverzichtbarer Bestandteil
Vor 15 Jahren wurde die Katholisch-Theologische Fakultät Erfurt in die dortige Universität integriert. Bischof und Uni-Präsident hoffen auf Erhalt der Fakultät. Berliner Erzbischof: Erfolgsgeschichte der Deutschen Einheit.
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Vor 15 Jahren wurde die Katholisch-Theologische Fakultät in die Universität Erfurt intergriert. | Foto: Universität Erfurt |
Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr und Universitäts-Präsident Walter Bauer-Wabnegg haben Ostdeutschlands einzige Katholisch-Theologische Fakultät gewürdigt. Zum 15. Jahrestag der Integration bezeichneten sie die Fakultät als unverzichtbaren Bestandteil der Universität. Am 19. November 2002 hatten der Vatikan und der Freistaat Thüringen einen Eingliederungsvertrag geschlossen. Zuvor war die Fakultät in kirchlicher Trägerschaft. Sie umfasst zwölf Lehrstühle und zählt aktuell rund 200 Studierende.
Neymeyr hob zwei „Profil schärfende Alleinstellungsmerkmale“ hervor. So nähmen die Professoren den Auftrag an, „in einem säkularisierten Umfeld katholische Theologie zu betreiben und mit den Menschen, die keinen Glauben haben, einen Dialog zu führen“. Dies führe auch dazu, dass zunehmend Studierende aus dem Westen Deutschlands nach Erfurt kämen, weil sie feststellten, dass in ihrer Heimat die Distanz zu Kirche und Religion ebenfalls zunehme. Der Bischof hob auch die ökumenische Ausrichtung der Fakultät hervor.
Neymeyr warnte zugleich davor, „durch sehr vage Überlegungen zu einer Hochschultheologie in Berlin“ den Erfurter Standort infrage zu stellen. Der Bischof bezog sich auf Pläne, die katholische Theologie in Berlin in Form eines neuen Instituts an der Humboldt-Universität und einer Ordenshochschule auszubauen. Bauer-Wabnegg sagte dazu: „Ich halte solche Überlegungen für abenteuerlich und würde da dringend abraten.“ Zwar gebe es das Hauptstadt-Argument, doch müsse man „kritisch hinterfragen, ob das in diesem Falle nicht geschichtsvergessen ist“. Der Medienwissenschaftler verwies auf den „großen historischen Stellenwert“ der katholischen Theologie in Erfurt, „der bis heute nachwirkt und Teil der besonderen Identität der Universität Erfurt ist“. Die Katholisch-Theologische Fakultät führt die Tradition des Philosophisch-Theologischen Studiums Erfurt fort, das 1952 als einzige katholische akademische Ausbildungsstätte in der DDR gegründet wurde.
Bauer-Wabnegg unterstrich, dass in der Hochschulstrategie des Landes Thüringen Religion ein Schwerpunkt für Erfurt sei und die katholische Fakultät dabei „ganz intensiv“ mitwirke. Zudem stelle sie sich gut der Herausforderung, „über das theologische Wirken hinaus in den interdisziplinären Forschungen der Universität und den gesellschaftlichen Diskursen Platz zu nehmen“. Er nehme „mit großer Verwunderung wahr, dass man gegenwärtig offenbar mehr bei den katholischen Bischöfen als im staatlichen Umfeld um den Erhalt der Fakultät in Erfurt kämpfen muss“.
In einem Glückwunschschreiben des Berliner Erzbischofs Heiner Koch bewertet dieser die Überführung des Philosophisch-Theologischen Studiums in die Katholisch-Theologische Fakultät der neugegründeten Universität Erfurt vor 15 Jahren als „eine Erfolgsgeschichte der Deutschen Einheit“. Als Erzbischof von Berlin lebe er in dem Bewusstsein, dass seine Vorgänger und „große Teile des Berliner Klerus durch ihre Erfurter Zeit wissenschaftlich geprägt und in ihrer geistlichen Berufung gefestigt wurden“.
Weiter schreibt der Erzbischof: „Die Diskussion um islamische und jüdische Theologie in Berlin und Potsdam und ermutigende Aussagen im Berliner Koalitionsvertrag bieten für Berlin, Brandenburg und Vorpommern die historisch einmalige Gelegenheit, katholischer Theologie in Berlin wieder mehr an Aufmerksamkeit und Bedeutung zurückzugeben. Es gibt auch in Berlin eine Tradition von katholischer Theologie, die in den vergangenen Jahren aus unterschiedlichen Gründen geschwächt wurde.“ Seine Teilnahme am Albertus-Magnus-Fest am Mittwoch dieser Woche „bedeutet für mich ein Bekenntnis zu Erfurt in Geschichte und Gegenwart“. (kna/tdh)
Meinung: Keine Alternative
Die Errichtung einer wie auch immer gearteten katholischen theologischen Hochschule in Berlin wäre eine Gefahr für den Fortbestand der Katholisch-Theologischen Fakultät Erfurt. Eine Schließung der Erfurter Fakultät aber wäre töricht – nicht nur im Blick auf die Geschichte, angefangen vom Theologiestudenten Martin Luther über die Priesterausbildung zu DDR-Zeiten bis zur Integration der Fakultät in die Erfurter Universität vor 15 Jahren. Die Erfurter Fakultät hat sich im letzten Vierteljahrhundert zu einem Theologiestandort mit Alleinstellungsmerkmal entwickelt. Hier wird danach gefragt, welche Bedeutung Gottes Frohe Botschaft in der ungläubigsten Region der Welt haben könnte. Deshalb sollte auch das kirchliche Personal für den Osten Deutschlands hier und nicht in Bayern ausgebildet werden.Natürlich würde auch für eine Berliner Hochschule die extreme Diaspora ein Thema sein, aber unter „ferner liefen“. Der Standort in der Bundeshauptstadt bringt andere Fragen mit sich, etwa die nach den Werten, aus denen die gesamtdeutsche Gesellschaft im Zeitalter der Globalisierung leben will. Dass die katholische Kirche auch hier eine profilierte Stimme braucht, ist unbestritten. Für beide Standorte gibt es gute Argumente. Berlin und Erfurt sind keine Alternative, doch werden die Ressourcen der ostdeutschen Kirche für beide nicht ausreichen.
Deutschlandweit gibt es elf Katholisch-Theologische Fakultäten an Universitäten, eine katholische Universität, drei diözesane theologische Fakultäten und fünf Ordenshochschulen. Davon ist mit Erfurt eine einzige Einrichtung im Osten angesiedelt. Hier ist noch einmal gesamtdeutsche katholische Solidarität gefragt. Die Theologie, die in Erfurt und Berlin betrieben würde, käme schließlich auch der Kirche in ganz Deutschland zu Gute.
Von Matthias Holluba