05.10.2015

Streifzüge zu Deutschlands 1000 bedeutendsten Grabmalen

Totengedenken per Friedhofs-App

Bald bricht sie an, die dunkle Jahreszeit, in der die Menschen – allen voran die beiden großen christlichen Kirchen an Allerheiligen und Totensonntag – wieder der Toten gedenken. Auf der Friedhofs-App „Wo Sie ruhen“ können Interessierte rund 1.000 kulturhistorisch bedeutende Grabmale mit ihrem Handy, dem Tablet oder sogar dem sogenannten Smartfernseher virtuell besuchen.

Monika Grütters (Foto: www.bundesregierung.de)

Die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, zählt im politischen Berlin sicher nicht zu den bekanntesten Personen. Doch in Fachkreisen gilt die CDU-Politikerin und überzeugte Katholikin als hoch kompetent und überaus engagiert. Als Staatsministerin ist Grütters unter anderem zuständig für „Aufarbeiten und Gedenken“ – etwa das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus oder die Aufarbeitung der SED-Diktatur. Kein Wunder also, dass in ihrem Haus auch die Idee zu einer Friedhofs-App entstand.

Mit Hilfe der Applikation lässt sich vortrefflich – entweder beim Spaziergang selbst, am heimischen Rechner oder per Handy – über einige der schönsten deutschen Friedhöfe stromern; und so Menschen wieder entdecken, die die meisten von uns inzwischen sicher schon fast vergessen haben. Etwa den deutschen Dichter und Dramaturgen Peter Paul Althaus. Der Künstler hinterließ der Nachwelt nicht nur eine plauschige Kultkneipe in München-Schwabing sondern zugleich auch den Entwurf für die eigene Grabrede. „Einstweilen Addio! – Werft Eure Schaufeln und streut Eure Blumen. Und dann geht in die `Seerose'. Ich habe dort hundert Mark hinterlegt. Die könnt ihr auf mein jenseitiges Wohl versaufen!“

 

Ohne die Stimme von Schauspieler Hans-Jürgen Schatz, der zu jedem der erfassten Friedhöfe und Grabstätten eine kurze Geschichte zu erzählen weiß, würden die meisten Besucher des Münchner Nordfriedhofs wohl an der unscheinbaren Ruhestätte vorbeilaufen. Genauso wie am Grab von Arthur Schopenhauer. Auch der bekannte Philosoph und „Metaphysiker“ ruht nur unter einer schlichten Grabplatte; allerdings auf dem Frankfurter Hauptfriedhof. Das Gleiche gilt für den Lyriker Friedrich Hölderlin. An ihn erinnert auf dem Stadtfriedhof in Tübingen eine bestenfalls unspektakulär zu nennende Säule.

Für die App wurden 37 deutsche Friedhöfe erfasst

Rüdiger Kruse (Foto: www.ruedigerkruse.de)

Herausgegeben hat die App die Stiftung Historische Kirchhöfe und Friedhöfe in Berlin-Brandenburg: Finanziert und protegiert wurde die Software – wie gesagt – von der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien. Initiiert aber hat das Projekt der Hamburger Bundestagsabgeordnete Rüdiger Kruse als „Angebot für Geschichts- und Ortserkundung“, wie er einst im Interview sagte. Als „Aktion für persönliche Besinnung und Erfahrung, gegen das Vergessen“.

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Grab von Exbundespräsident Johannes Rau
Foto: www.wo-sie-ruhen.de
 

Insgesamt wurden auf der App 37 deutsche Friedhöfe und etwas mehr als 1000 mehr oder weniger bedeutende, architektonisch und künstlerisch herausragende Grabstellen erfasst und beschrieben. So ist bei „Wo Sie ruhen“ unter anderem zu erfahren, dass der bekannte und sogar bei Touristen beliebte Dorotheenstädtische Friedhof in Berlin nach seiner Gründung im 18. Jahrhundert vornehmlich als Ruhestätte für die ärmere Bevölkerung diente, bevor auf dem Gottesacker dann später immer mehr bekannte Künstler begraben wurden. Etwa Heinrich Mann, der eigentlich der erste Präsident der Deutschen Akademie der Künste der DDR hätte werden sollen, bevor er 1950 im kalifornischen Exil verstarb. Oder der bekannte Künstler und Dadaist John Heartfield, der ebenfalls unter einem unscheinbaren Stein – mit einem eingeritzten „H“ – begraben liegt.

Die App kann mit allen „smarten“ Geräten wie z.B. einem internetfähigen Handy, einem Tablet, iPad, Smart TV und natürlich auf dem PC aufgerufen werden.

Ihr Webreporter Andreas Kaiser