11.09.2017
Digitale Wahlhelfer
Am 24. September wird der19. Bundestag gewählt. Auch wenn das politische Spektrum so weit wie seit vielen Jahren nicht mehr ist, wissen viele Bürger – das belegen Umfragen - noch nicht, wo sie ihr „Kreuz“ machen wollen. Für Unentschlossene bieten neben dem Wahl-O-Mat auch der WahlSwiper sowie das Wahl-Navi eine Entscheidungshilfe.
Er ist das wohl bekannteste und vielleicht auch beliebteste Projekt der Bundeszentrale für Politische Bildung (bpb): der Wahl-O-Mat. Mit dem internetgestützten Frage-Antwort-Spiel, das sich übrigens auch vom Smartphone aus gut bedienen lässt, können Wähler herausfinden, welche Partei (programmatisch) am besten zu ihren Wertevorstellungen passt; ohne sich zuvor selbst die Programme der einzelnen Parteien (aufwändig) durchlesen zu müssen. Insgesamt 32 Parteien der 33 zur Bundestagswahl zugelassenen Parteien haben sich diesmal von der Bundeszentrale für uns Wähler durchchecken lassen.
Vom Redaktionsteam des aktuellen Wahl-O-Mats wurden die Parteien auf viele derzeit strittige Polit-Fragen abgeklopft. Von der Zuwanderungspolitik über Fragen der sozialen Gerechtigkeit, des Steuerrechts (Spitzensteuersatz), den Umweltschutz (Dieselmotoren etc.), der Gesundheitspolitik (Bürgerversicherung) sowie die für die katholische Kirche besonders wichtigen Themen wie die Familienpolitik und die Haltung der Parteien zu den Rüstungsexporten.
Beim Wahl-Swiper stand eine Dating-App Pate
Allerdings hat der Wahl-O-Mat in diesem Jahr gehörig Konkurrenz bekommen. Für Leute, die einfach nicht vom Handy lassen, wurde der WahlSwiper von dem Berliner Start-Up Movact auf den Markt geworfen; und das sogar schon deutlich früher als das Original der bpp. Die App funktioniert dabei wie mobile Dating-App Tinder. Mit einer Wischbewegung wird Zustimmung oder Ablehnung signalisiert. Dem Anwender werden 30 Fragen vorgelegt. Themen sind unter anderem das bedingungsloses Grundeinkommen, die doppelte Staatsbürgerschaft oder ein mögliches Tempolimit auf der Autobahn. Nach links wischen bedeutet „Nein“. Nach rechts wischen heißt „Ja“. Man kann sich aber auch enthalten ;-). Die App bietet zudem Erklärvideos zu einzelnen Themen.
Will zu viel von einem wissen: Das Wahl-Navi von RTL
Einen Besuch wert ist auch das Wahl-Navi von RTL, das gemeinsam mit Politoöogen entwickelt wurde. Interessant ist hier, dass am Ende der Befragung (30 Fragen) der jeweilige Standort des Nutzers in einem Diagramm des politischen Parteiengeflechts aufgezeigt wird. Allerdings wollte das Tool für meinen Geschmack etwas sehr viel von mir wissen und fragte, wo ich gerne mein Kreuzchen machen wolle, wie meine Postleitzahl lautet und wie ich die Spitzenpolitiker der Parteien im Einzelnen beurteilen würde…
Im aktuellen Wahl-O-Mat kann der Nutzer auf insgesamt 38 Fragen antworten und seine Ansichten mit denen der Parteien vergleichen. Nach der Befragung hat jeder Spielteilnehmer noch die Möglichkeit die einzelnen Themen zu gewichten und jene Thesen herausheben, die ihm besonders am Herzen liegen.
Entwickelt wurde das der Wahl-O-Mat erstmals zur Bundestagswahl 2002 für Erstwähler. Untersuchungen hatten ergeben, dass vor allem Jungwähler oft nicht so genau wissen, welcher Partei sie ihre Stimme schenken sollen. Doch längst hat sich das kurzweilige Frage-Antwort-Spiel auch bei routinierten „Alt“-Wählern zu einer festen Größe der politischen Meinungsbildung entwickelt. Vor der Bundestagswahl 2009 wurde der Wahl-O-Mat mehr als 6,7 Millionen Mal gespielt. 2013 waren es bereits 13,3 Millionen User und bescherten dem Tool damit einen neuen Nutzerrekord.
Eine Schwachstelle haben die „Wahlhelfer“ allerdings: Die Parteien behaupten im Wahlkampf viel. Ob sie im parlamentarischen Alltag ihre Versprechen halten, bzw. diese mit dem Koalitionspartner auch umgesetzt können, das steht auf einem ganz anderen Blatt.
Ihr Webreporter Andreas Kaiser