09.01.2020

Drei-Königs-Preis des Berliner Diözesanrats geht nach Fürstenwalde

Auf eigene Erfahrung bauen

Der Drei-Königs-Preis des Diözesanrats, der gelungene Integrationsprojekte auszeichnet, geht dieses Jahr nach Fürstenwalde: Im Communis-Projekt des Schulzentrums Bernhardinum treffen Schüler auf junge Flüchtlinge.

Begegnung zwischen deutschen und geflüchteten Jugendlichen. Oft stellen die Schüler fest: „Die sind ja genau wie wir.“    Fotos: Bernhardinum Fürstenwalde

 

„In einer Welt, in der wir uns immer mehr voneinander entfernen, wollen wir Menschen zusammenbringen.“ Es geht um Begegnung im Communis-Projekt, das Tobias Lobeda und Matthias Micheel leiten. Denn nur durch Begegnung, sind sie überzeugt, lernen Schüler in einer Zeit des immer stärker werdenden Populismus, ihre Meinung auf eigenen Erfahrungen aufzubauen. Viele der Jugendlichen kommen zum ersten Mal in Kontakt mit einer anderen Kultur und stellen dann fest: „Die sind ja genauso wie wir“.

Die Schüler organisieren selbst mit
„Communis“ – „Gemeinsam“: Der Name ist Programm. Das Projekt, das seit 2017 am Katholischen Schulzentrum Bernhardinum in Fürstenwalde die Schüler in Kontakt bringt mit jungen Menschen, die auf der Flucht nach Deutschland kamen, ist auch über das Inhaltliche hinaus ein Gemeinschaftsprojekt. Nicht nur, dass hier die Oberschule und das Gymnasium kooperieren, dass der Englisch- und Sportlehrer Lobeda und der Schulsozialarbeiter Micheel mit anpacken. Die Liste der Unterstützer ist lang: Ein Förderverein, beide Schulleitungen, viele Kollegen, Micheels Arbeitgeberin – die Theophanu gGmbH – Ramona Hinkelmann vom Bund der deutschen katholischen Jugend sowie die evangelische jungen Gemeinde in Fürstenwalde stehen darauf. Die Finanzierung kommt vom Bundesprogramm „Demokratie leben!“ und der Organisation „Children Jugend hilft”. „Und außerdem binden wir auch die Schüler so weit wie möglich ein“, sagt Micheel – so hätten einige von ihnen erst kürzlich einen weniger umfassenden Förderantrag selbst gestellt. Und auch an der Organisation von Veranstaltungen sind sie immer wieder beteiligt.
Dennoch bleibt für Micheel und Lobeda noch eine Menge Arbeit übrig – weit mehr als von ihrer Arbeitszeit abgedeckt wird. Denn die Veranstaltungen müssen vorbereitet und organisiert werden und verlässlich stattfinden. Das macht beiden aber nicht viel aus: „Wir brennen beide dafür und machen es gern“, sagen sie. Und schließlich sei es eine sinnvolle Sache, für die sie sich engagieren könnten.
Das Interesse, sich mit Flucht und Vertreibung zu beschäftigen, sei eigentlich von den Schülern selbst gekommen: „Ich saß als Protokollant in einer mündlichen Prüfung, in der die Schüler als Diskussionsaufgabe hatten: ‚Was könnte man hier vor Ort tun, um Flüchtlinge zu integrieren?‘, war die Frage.“ Die vielen Ideen der Schüler hätten ihn beeindruckt, berichtet er, und er fragte sich: „Warum machen wir es nicht einfach?“ Und so führte er Gespräche – mit der damaligen Schulsozialarbeiterin, mit der Schulleitung, mit Schülern. Als Matthias Micheel seine Arbeit am Schulzentrum aufnahm, war auch er ganz begeistert.

Sport, Kochen, Kanufahren
Seitdem zeichnen die beiden Männer verantwortlich für eine Reihe von Veranstaltungen, die zum Teil regelmäßig stattfinden – wöchentlich gibt es Sportangebote, gemeinsames Kochen und Freizeittreffen in Kooperation mit der evangelischen Gemeinde. Dazu kommen punktuelle Veranstaltungen wie gemeinsames Klettern, Kanufahren oder auch Müllsammeln im Wald.

 

Fußball verbindet: Ein regelmäßiges Angebot im Communis-Projekt ist, gemeinsam Sport zu treiben.

 

Denn die Flüchtlinge, stellte sich bald heraus, haben eine gute Grundversorgung; um anzukommen, fehlte es ihnen aber an Kontakten mit jungen Leuten. „Viele Schüler waren sehr engagiert“, sagt Lobeda. Wichtig ist in dem Projekt auch, dass die Schüler selbst entscheiden, an welchen Veranstaltungen sie teilnehmen und wann sie kommen oder gehen: „Manche kommen nur zum Sport, andere nur zum Kochen“, sagt Micheel. Er betont vor allem auch den christlichen Ansatz des Projekts: Auf andere Menschen zuzugehen, sich ihnen zuzuwenden.
Dass ihr Projekt jetzt mit dem Dreikönigspreis des Diözesanrats ausgezeichnet wird, freut die beiden Pädagogen: „Wir fühlen uns sehr geehrt, dass jemand von außen so auf unser Projekt schaut“, sagt Micheel. Und Lobeda ergänzt: „Bei all der Arbeit, die viele Menschen da hineinstecken, kann so eine Auszeichnung motivieren und helfen, neue Lust und neue Ideen freizusetzen. Über das Preisgeld haben sie sich nach eigenem Bekunden bisher keine Gedanken gemacht: „Wenn es einen Betrag gibt, ist das schön, aber das ist für uns nicht das Wichtigste daran.“ Sicher sind sie sich mit Blick auf das Projekt, wie Tobias Lobeda es formuliert: „Wenn wir könnten und mehr Zeit zur Verfügung hätten, würden wir das Ganze noch größer machen.“

Von Cornelia Klaebe